Autor: Ronald

Pico von Bord aus gesehen

Eines Seglers Reise durch die Nacht

Santa Maria, São Miguel, Pico, Faial, São Jorge und wieder zurück nach São Miguel und Santa Maria. In etwas über einem Monat habe ich immerhin fünf der neun Azoreninseln besucht. Keine ist gleich. Jede hat ihre Besonderheiten. Manchmal muss man sie suchen. Manchmal werden sie einem gleich im Hafen präsentiert – oder man fährt buchstäblich darauf zu, etwa wenn man Pico anläuft.

Leuchtturm auf Santa Maria

Santa Maria: Meine erste Azoren-Insel

Seit Ende August 2020 segle ich zwischen den Azoren-Inseln umher. Zuerst bin ich nach Santa Maria gekommen. Es ist die kleinste, die südlichste und angeblich auch die älteste der neun Inseln, geologisch gesehen. Für mich war es ganz einfach die erste. Meine Azorenpremiere also. Vila do Porto heisst die Hauptstadt und auch der Hafen. Dieser liegt geschützt in einer Bucht. Die Höhe der Hafenmole lässt erahnen, womit man es im Winter an Wind und Wellen zu tun bekommt. Aber Vila do Porto geniesst den Ruf des sichersten Hafens auf den Azoren zu sein. Um in die Stadt zu gelangen, steigt man zunächst einen schmalen gewundenen Weg zu einem alten Fort empor, das die Bucht beherrscht. An einem Feigenbaum, der eher einem Gestrüpp ähnelt, tun sich Eidechsen an den noch unreifen Früchten gütlich und Tauben gurren in ihren Verstecken. Vom Fort aus geht die gepflasterte Strasse direkt ins Dorf. Es ist langgezogen und besteht aus vielleicht vier parallel verlaufenden Häuserreihen. Und diese Häuser sehen alle etwa gleich aus, zumeist sind sie zweistöckig mit schlichter weisser Fassade. …

Sonnenuntergang über dem Atlantik

Unterwegs zu den Azoren – und in ein neues Leben

Der Atlantik wirft Welle um Welle gegen das Boot. Manchmal krachen sie gegen den Rumpf und der Knall ist laut wie ein Schuss in nächster Nähe. Oder sie fluten das Deck und ich höre das Wasser rauschen und durch die Lenzluken ablaufen. Das Boot knarrt und ächzt unter der Last der See und des Windes. Ich bin in seinem Bauch und die Geräusche umgeben mich, als sässe ich in einem riesigen Resonanzkörper. Ich liege auf der Bank an steuerbord. Das Leesegel, eine starke Stoffplane, die man an der Seite der Koje befestigen und an die Decke hochbinden kann, verhindert, dass ich mit dem Überholen des Bootes auf den Salonboden knalle oder gar auf die andere Seite katapultiert werde. Es ist die zweite Nacht meiner Überfahrt von Madeira nach Santa Maria, einer der neun Azoren-Inseln. Zwei oder drei Tage wird die Reise noch dauern. Ich bin etwas spät dran. Es ist bereits Mitte August und alle nautischen Reiseführer empfehlen, dass man spätestens Ende August die Azoren wieder verlassen sollte. Aber dieses Jahr ist eben ein merkwürdiges …

Crowhurst oder Moitessier?

Jedes Jahr segeln Abenteurer in ihren Rennyachten um die Welt, nonstop, allein. Sie fahren auf Schiffen, die auf dem neuesten Stand der Technik sind. Über GPS-Tracker kann man ihre Route verfolgen und täglich stehen die Segler in Kontakt mit ihrem Land-Team und ihren Liebsten, senden und empfangen Videobotschaften, geben den Medien Interviews. Sie sind allein und doch nicht von der Zivilisation abgeschnitten. Das erste Nonstop-Rennen um die Welt Vor 50 Jahren, 1968, war das ganz anders. Damals starteten neun Segler zur ersten Solo-Weltumsegelung ohne Zwischenstopp. Ausgeschrieben hatte das Rennen die Sunday Times. In die Geschichte ging es als Golden Globe Race ein. Neun Segler gingen an den Start. Nur einer beendete das Rennen. Der Sieger hiess Robin Knox-Johnston. Damals war er 29 Jahre alt und ein Seemann durch und durch. Knox-Johnston ist ein vierschrötiger Mann, angetrieben wurde er von Patriotismus. Ein Engländer und niemand sonst sollte dieses Rennen gewinnen. Knox-Johnston stach mit seinem selbstgebauten Boot, der 32-Fuss-Ketch Suhaili, von Falmouth aus in See. Nach 312 Tagen kehrte er zurück. Fünf andere Segler hatten unterwegs aufgegeben. Und …