Bijagos, Unterwegs-Blog
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Zu den Bijagós – oder das versalzene Müsli

Sailing along the African coast.

Über die Kapverden gäbe es bestimmt viel zu schreiben. Doch zum einen war das Ziel unserer Reise die Bijagós-Inseln vor der Küste Guinea-Bissaus, zum andern habe ich in Mindelo etwas eingefangen, das sich deutlich nach Corona anfühlte. Mein Verdacht fällt auf eine Theateraufführung im schmucken Kulturzentrum von Mindelo. Es wurde eine Komödie auf Kreolisch gegeben. Nicht, dass ich viel verstand. Aber allein die Begeisterung des Publikums zu erleben, schien die Sache wert. Allerdings dürfte diese Begeisterung auch der Brandbeschleuniger gewesen sein, der ein hässliches Virus im Raum verteilte. 

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Auf jeden Fall begann ich nach zwei Tagen zu Husten wie ein Kettenraucher und ich fühlte mich so schlapp wie ein Segel bei Windstille. Ganz so, wie ich mich bei der letzten Corona-Erkrankung gefühlt hatte. Damals war ich auf den Selvagens, den Inseln zwischen Madeira und den Kanaren. Jetzt sollte ich zu den Bijagós segeln, rund 500 Seemeilen nach Südwesten. Es gibt günstigere Momente für eine Erkrankung.

Ach, diese Wellen!

Ausnahmsweise war ich nicht allein an Bord, als wir am 2. November in Mindelo ablegten. Paulo, ein Anthropologe von Santa Maria auf den Azoren, war an Bord gekommen, um mit mir zu den Bijagós zu segeln. Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich steckte ihn natürlich an und bald husteten wir zuzweit.

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Wir legten zwei Zwischenstopps ein, bevor wir die Kapverden verliessen. Zunächst in Tarrafal auf São Nicolao, wo uns ein Fallwind in der Bucht um jeden Preis unser Solarpanel entreissen wollte. Den Tag darauf steuerten wir die Insel Maio, wo wir beim Anlanden mit dem Bananaboot, unserem Faltboot, beinahe in der Brandung kenterten. Ach, das Bananaboot. Es bereitete uns entlichen Kummer, sorgte dafür für allgemeine Belustigung. Aber davon später. 

Die Überfahrt zu den Bijagós wäre auch ohne Virus alles andere als angenehm gewesen. Weniger der Wind war das Problem, als eine steile, kurze Welle, die gegen die Seite des Schiffs hämmerte und es regelmässig überspülte. Wir liessen das Kochen, ernährten uns von Müsli und anderen einfachen Dingen. Aber selbst diese kulinarischen Bescheidenheiten wurden uns verdorben; so sass ich mit meinem Schälchen mit dem frisch angerührten Müsli im Cockpit, wollte gerade den ersten Löffel zu mir nehmen, als eine Welle von hinten über mich einstürzte und mir mein Essen regelrecht versalzte.

Disco-Licht auf See

Je näher wir der Küste kamen, desto ruhiger wurde jedoch das Meer und als wir in Richtung der Flussmündung fuhren, die wir uns ausgesucht hatten, um in die Inselwelt vorzustossen, war die See flach wie eine Pfanne. Es herrschte eine merkwürdige Stimmung. Wir schienen auf einer endlosen Fläche dahinzugleiten, denn obwohl die Inseln nur wenige Meilen entfernt waren, waren sie im Dunst nicht auszumachen. Wir begegneten ein paar Fischerbooten, sonst waren wir allein unterwegs.

First visitor on board.

First Insect is visiting us off the Bijagos..

Erst als die die Einfahrt zum Fluss Geba passierten, der Zufahrt zu Hauptstadt Bissau, wurde es lebendiger. Etliche Frachtschiffe kreuzten unseren Kurs und – es war nun stockdunkle Nach – ein grünes Stroboskoplicht flimmerte über die Wasserfläche, als befände sich irgendwo östlich von uns eine Disco. Es war gespenstisch. Später erfuhren wir, dass es sich wahrscheinlich um Fischer handelte.

Am 10. November um 21 Uhr erreichten wir unseren Ankerplatz vor der Insel Orangosinho, der orangenen Insel, als letztes der acht Boote unserer Expedition. Wir waren auf den Bijagós angekommen. Hustend, müde und hungrig. Die Mission konnte beginnen.

Kategorie: Bijagos, Unterwegs-Blog

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Ich bin 1964 in Zürich geboren und habe die meiste Zeit meines Lebens als Journalist gearbeitet. Seit Sommer 2020 bin ich auf meiner Yacht Blue Alligator auf dem Atlantik unterwegs.

3 Kommentare

  1. Pingback: To the Bijagós – or the oversalted muesli – Meergeschichten

  2. Thomas SV Carmina sagt

    Wow… Dir ist nichts erspart geblieben. Aber so sind Seereisen eben oft. Dennoch, Ziel erreicht, keine Schäden an Menschen und Schiff und versalzene Müsli passieren manchmal auch zu Hause, wenn man statt der Zuckerdose die Salzene wählt. Alles schon passiert.
    Fazit: Glückwunsch, hoffentlich ereicht ihre auch Eure Ziele der Hauptmission. Und, zu guter Letzt, glückliche und sorgenfreie Heimreise! Via AIS verfolge ich Dich natürlich so intensive wie die CIA….

  3. Pingback: Vorstoss ins Herz der Bijagós – Meergeschichten

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