Die Schweiz vom Meer aus gesehen
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Die Schifffahrt und die Schweiz

Grossschiffe im River Fal

Schifffahrt stillgelegt: So nah kommt man als Segler den Grossen nur selten. Im Fal River in Cornwall liegen eine ganze Reihe von ihnen auf Reede.

Der Klimagipfel in Paris ist zu Ende und die Hoffnung keimt. Doch ausgerechnet eine Industrie, die CO² in rauen Mengen in die Luft pustet, blieb am Klimagipfel weitgehend unter dem Radar: die internationale Schifffahrt. Das könnte durchaus fatal sein.

In einem Beitrag zitiert Spiegel-Online einen Mitarbeiter der Umweltorganisation Transport & Environment, Andrew Murphy. Dieser sagt, der CO²-Ausstoss der globalen Schifffahrtindustrie entspräche in etwa dem von Deutschland.

Zwischen 1990 und 2010 hat sich der CO²-Ausstoss der internationalen Schifffahrt mehr als verdoppelt: von 286 Megatonnen auf 639 Megatonnen. Und sollte sich die Industrie nicht auf verbindliche Reduktionen verpflichten, könnte der CO²-Ausstoss bis 2030 auf 915 Megatonnen anwachsen.

Wäre die Schifffahrt ein Land…

Würde man die internationale Schifffahrt als Land betrachten, so rangierte sie 2014 bereits auf Platz sieben der weltweit grössten CO²-Emittenten. Sollten einzelne Länder ihren Ausstoss tatsächlich reduzieren, könnte die Schifffahrt durchaus noch einige Ränge weiter aufsteigen.

Die Industrie scheint gewillt

Damit es nicht so weit kommt, braucht es verbindliche Standards. Das Bündnis von Paris verzichtete auf konkrete Aussagen zur Schifffahrt – ebenso wie der Luftverkehr ausgeklammert blieb. Die Aufgabe wird der Uno-Organisation für maritime Belange, der International Maritime Organisation (IMO), überlassen. Immerhin gibt es Hinweise aus der Industrie selbst, zu solchen Standards gelangen zu wollen. So begrüsste die International Chamber of Shipping, die Standesvertretung der Schifffahrtsindustrie, in einer Stellungnahme das Pariser Abkommen. Sie betonte zudem, am Ziel einer CO²-Reduktion gemessen an 2007 von mindestens 50 Prozent an Tonnen-Kilometern vor 2050 festhalten zu wollen. Klingt erst einmal gut.

Aber die Kammer warnt davor, dass nur allgemeinverbindliche, das heisst länderübergreifende Vereinbarungen zielführend seien. Solche sind bekanntlich nicht einfach zu erreichen und andere Beispiele aus der Schifffahrt zeigen, wie lange es dauert, sie durchzusetzen.

Schweiz als Flaggenstaat

Und was geht das die Schweiz an? Zum einen ist die Schweiz selbst Flaggenstaat; immerhin 46 Schiffe befahren unter Schweizer Flagge die Weltmeere. Das ist zwar gemessen an Staaten  wie Panama, Liberia oder die Marshall-Inseln, die buchstäblich tausende Schiffe registriert haben, ein Klacks. Aber immerhin mitreden kann und sollte die Schweiz.

Andererseits: Kein Klacks sind die Flotten, die Schweizer Reeder betreiben. Bis 2015 galt die in Genf angesiedelte Mediterranen Shipping Company (MSC) als zweitgrösste Linienreederei der Welt; sie dürfte 2016 gar an die Weltspitze vorrücken. Per 1. Oktober 2015 betrieb die MSC 190 eigene Schiffe und charterte 311 weitere hinzu. Das ist keine Marginalie mehr. Eine Tochter der MSC ist übrigens im Kreuzfahrtgeschäft tätig, die MSC Crociere S.A mit Sitz in Neapel.

Natürlich verpflichtet sich auch MSC zur Nachhaltigkeit – zumindest behauptet das die Reederei auf ihrer Webseite. Doch berichtete das Nachrichtenmagazin des Schweizer Fernsehens Eco 2012 vom Fall der Chitra, einem Containerschiff der MSC unter panamesischer Flagge, die 2011 mitsamt toxischer Ladung illegal versenkt wurde. Auch was das Abwracken ihrer Schiffe betrifft, ist MSC gemäss Fernsehen SRF nicht zimperlich.

Am Strand verschrottet

Gemäss der NGO Shipbreaking Plattform wurde das letzte MSC-Schiff erst im Januar 2015 in Alang abgewrackt, die MSC Isabelle, Baujahr 1985. In Alang werden Schiffe direkt auf den Strand gefahren und ohne Schutzmassnahmen auseinandergenommen. Nicht nur sind die Arbeiter vielerlei Gefahren ausgesetzt. Auch gelangen Umweltgifte wie Treibstoffe direkt ins Meer. So viel also zum Umweltverständnis von Reedereien auch in der Schweiz.

Bei MSC handelt es sich zwar um ein Unternehmen, das kein einziges Schiff unter Schweizer Flagge führt. Aber bei anderen Unternehmen mit Sitz in der Schweiz ist es uns auch nicht gänzlich egal, wie sie ihre Geschäfte abwickeln. Warum sollte das bezüglich der Schifffahrt anders sein?

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von

Ich bin 1964 in Zürich geboren und habe die meiste Zeit meines Lebens als Journalist gearbeitet. Seit Sommer 2020 bin ich auf meiner Yacht Blue Alligator auf dem Atlantik unterwegs.

2 Kommentare

    • Ronald sagt

      Lieber Silvio, ich hoffe, ich komme richtig zum Schreiben. Auf jeden Fall wird es spannend. Herzlich, Rony

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