Monate: März 2016

Drogen? Waffen? Migranten?

Lorient, 27. März Ich bin nun schon ein Zeitchen in Lorient, liege sicher im Stadthafen mitten im Zentrum. Über uns gehen Hagel, Schauer und Sturmwinde hinweg. Und zwischendurch scheint die Sonne. Ein Nachbar, der mit seiner Frau und seinem Baby das ganze Jahr über auf dem Schiff lebt, hat mir die Wetterregel hier erklärt: „Noël sur le balcon, pâques au tison – Weihnachten auf dem Balkon, Ostern vor dem Kamin“. Aber ich habe sowieso nichts vor. Ich warte auf Katrin, meine Frau, die mich in wenigen Tagen besuchen kommt. Zusammen werden wir dann den Golf du Morbihan erkunden, das „Kleine Meer“, das noch ein bisschen weiter südlicher liegt, ein Einschluss mit einer ganz schmalen Durchfahrt. Dahinter liegen Inseln, und es soll ein Klima wie im Mittelmeer herrschen. Wir werden sehen. Keine Schönheit und doch charmant Lorient ist ein herber Kontrast zu allen Orten, in denen ich bisher war: Die Stadt ist nach dem Krieg wohl fast vollständig neu gebaut worden. Architektonisch keine Schönheit. Aber sie hat trotzdem Charme – und einen echt maritimen Charakter. Ihr …

Raue See zwischen zwei Idyllen

Roscoff, 16. März: Ich habe Tréguier am Dienstag, 15. März, wieder verlassen. Keine Wolke am Himmel. Und schon fast angenehme Temperaturen – im Fluss, sieben Meilen von der See entfernt. Es sollte sich noch ändern. Wie friedlich diese Landschaft ist: der Fluss, die grünen Ufer. Zwischen Eichen eingebettet die typischen bretonischen Häuser aus Granit. Eine Frau, die mit ihren beiden Hunden am Ufer spazieren geht, schaut mir nach. Zwei Fischer in ihrem Boot sind damit beschäftigt, die Gerätschaften klar zu machen. Sie werden mich später in der Flussmündung mit ihrem Motorboot überholen. Sonst sind keine Menschen zu sehen. Je näher der See, desto rauer die Sache Je näher ich der Mündung komme, je breiter der Fluss wird, desto stärker legt der Wind zu. Und schon spürt man den Seegang, erst ganz leicht, aber bestimmt. Er wird kräftig werden heute. Je näher ich dem Meer komme, desto diffuser wird auch das Licht, als hätte sie die See mit Dunst getränkt, mit Gischtnebel, den der Wind von den Wellen abgerissen hat. Ich passiere den Leuchtturm Le Corne …

Von Cherbourg nach Tréguier

Tréguier, 14. März 2016 Ich bin nun endlich unterwegs. Es brauchte einen kleinen Ruck, damit ich mich aus der Gemütlichkeit des Hafenlebens befreite und die Reise, die ich doch so sehr herbeigesehnt habe, endlich antrat. Doch wenn mal man den ersten Schritt gemacht hat, geht es dann doch ganz leicht. Leinen los! Am Samstag habe ich in Cherbourg bei Hochwasser die Leinen losgeworfen und bin Richtung Westen ausgelaufen. Wind hatte es nicht so richtig. Und über allem lag ein diesiger, grauer Schleier. Aber wenigstens kam ich gut durchs Alderney Race. Das ist jene Passage zwischen Cap de la Hague an der Westspitze der Normandie und der kleinen Kanalinsel Alderney. Dort zieht der Strom mit manchmal bis zu 10 Knoten um die Ecke und macht aus der See eine Achterbahn. Selbst bei Flaute gibt es Stellen, an denen man ziemlich durchgeschüttelt wird. Auch vom Kap war nicht viel zu sehen. Der hohe Leuchtturm stand als graue Silhouette von einem grauen Himmel und war schon bald im Dunst verschwunden. Steuerbord passierte ich Alderney. An diesem Tag keine Destination. Ich …

Kojentage und Geldverleih

Ich bin also angekommen in meinem Sabbatical – und natürlich auf Blue Alligator – oder zumindest fast. Denn die erste Woche, die ich nun hier bin, habe ich fast nur in der Koje verbracht. Dass ich so etwas auch unter völlig normalen Umständen fertigbrächte, will ich nicht leugnen. Die Koje ist einer der gemütlichsten Orte im Schiff, kuschlig, warm und durchs Oberlicht mit Blick in die Sterne – so es welche hat. Aber nein, ich lag mit einer akuten Bronchitis in den Kissen. Stimmlos Deshalb konnte ich noch nichts von der fast völlig verwandelten Blue Alligator zeigen, ihrer neuen Windsteuerung, dem Hydrogenerator, der Solarzelle, dem neuen Wassertank. Eigentlich wollte ich ja alles filmen. Aber es wäre ein Stummfilm geworden, denn ich habe auch absolut keine Stimme mehr. Weggehustet. Ein schwächliches Keuchen, was wahrscheinlich ganz lustig klingt. Auf jeden Fall konnte sich der Mechaniker Pierre, als er am Mittwoch an Bord kam, um mir alles zu zeigen, ein Grinsen unter seinem Blonden Bart nicht verbergen. Nun ja, wer den Schaden hat… Aber er durfte sich schon …